Ich finde wieder mal nichts zum frühstücken. Beim Krämerladen an der Ecke kauf ich mir ne Melone, die verdrücke ich kurz danach beim Tankstopp. Das muss reichen.
Über die gottverlassene (aber gut ausgebaute) Landstraße geht es nach Süden Richtung Hamadan. Bei Shirin Su steht eine verfallende Burg aus Lehm. Das muss mal eine stattliche Anlage gewesen sein, aber sie verwittert hier, ohne dass irgendein Versuch gemacht wird, das Bauwerk zu retten.
Kabud Ahang und Hamadan sind adrette, grüne, saubere Städte, ein auffälliger Kontrast zu den vielen ärmlichen Lehmdörfern hier. Von Hamadan nehme ich die Nebenstrecke nach Süden über Tuysarken, das beschert mir eine sensationelle Passstraße und den Anblick der Zeltsiedlungen von Nomaden.
In Borujerd will ich noch mal auf die Nebenstrecke nach Südwesten, über Chaghalvandi. Ich frage nach dem Weg, aber der Mann bedeutet mir, ich solle da nicht fahren. Mit der Hand macht er die Geste des Halsabschneidens und des Pistolenschießens. Dann beginne ich zu verstehen, diese Nebenstrecke geht durch Kurdengebiet. Ich lass mich davon nicht schrecken und möchte dennoch den Weg wissen. Er zeigt mir wo es lang geht und verabschiedet mich mit dem Hinweis, auf dieser Strecke nicht anzuhalten. Nicht tanken, nicht essen, nicht ausruhen.
Alles Kappes, denke ich. Die Kurden haben halt keine Freunde, nicht bei den Türken und nicht bei den Persern. Was man von denen über die Kurden zu hören kriegt, sind paranoide Pauschalurteile. Ich bin bislang 2000 km durch Kurdengebiet gefahren, und die Leute waren immer freundlich, ich denke das wird hier nicht anders sein.
Bei einer kleinen Hirtensiedlung aus Lehmhäusern halte ich an für ein Foto. Einer der Männer in dem Dorf, etwa 200 Meter von meinem Standort entfernt, winkt und signalisiert mir, ich solle rüber kommen ins Dorf. Was solls, die werden mir schon nicht den Hals durchschneiden, denke ich, und nehme die Einladung an.
Es gibt Ziegenmilch und Tee. Fremdsprachen beherrschen die Leute nicht, aber trotzdem kommunizieren wir. Ich hab zwei Dutzend Familienfotos in meinem Handy, die zeig ich rum und erkläre, so gut es geht, die jeweiligen Verwandtschaftsverhältnisse. Das ist immer Stoff genug für kurzweilige Unterhaltung, über alle Sprachbarrieren hinweg.
Zu essen wollen sie mir dann auch noch geben, aber ich muss weiter. Am Schluss möcht ich ein Familienfoto machen, aber sobald ich die Kamera auspacke, verschwinden die Frauen und Mädchen aus dem Zimmer. Der Hausherr lässt sich von mir überreden, die Frauen zurückzuholen. Und dann geht er ins Nebenzimmer und holt seine Kalaschnikow. Die muss auch mit aufs Bild. Ich denke mal, dass die Knarre mehr dem Schutz der Ziegen vor Wölfen als dem unmittelbar bevorstehenden Freiheitskrieg dient.
Die ersten 25 km dieser Etappe sind denkbar schlecht, die Straße wird gerade ausgebaut. Die restlichen 75 km sind exzellent und völlig ohne Verkehr. Nach langer Fahrt durch grüne Täler, Pässe im Schnee, vorbei an Dörfern aus Lehm, erreiche ich Korramabad.
Hier in Korramabad finde ich nur eine Unterkunft, es ist das Schardari Inn, ein altes Luxushotel aus der Schah-Zeit. Von außen sieht es hui aus, und das Zimmer ist einigermaßen OK, aber der ganze Kasten leidet an Altersschwäche. Es rieselt der Beton, es zieht durch die Fensterritzen, es bröckeln die Kacheln und der ehemals schicke Marmorfußboden ist vielerorts in Auflösung begriffen. Renoviert wird nichts.
Seit gestern bin ich im Land der Kurden. Kurdistan. Das darf man hier im Iran wohl sagen, in der Türkei ist Kurdistan ein ganz und gar verbotenes Reizwort. Für die Türken steht Kurdistan für einen militanten, gar terroristischen Separatismus. Die Iraner gehen scheinbar locker damit um. Die großflächigen Landschaftsbilder mit "Kurdistan" Aufdruck, die ich hier in den Restaurants und Internet-Cafes gesehen habe, werden offensichtlich von der Staatsmacht toleriert.
Heute Morgen regnet es. Erst leicht, dann trübt es sich immer stärker ein. Die Parkwächter des Hotels haben heut Nacht meine Maschine auf dem Parkplatz an einen anderen Platz gewuchtet. Im Iran sind nur Motorräder bis 200 Kubik erlaubt, so ein schweres Teil haben die sicher noch nie in der Hand gehabt. Und dann müssen sie es rum schieben, obwohl der Parkplatz leer ist. Ich hasse das.
Die Hauptsehenswürdigkeit von Korramabad ist die Festung Falak-ol-Aflak. Auf einem 40 Meter hohen Felsplateau nahe dem Zentrum gelegen, dominiert die Burg die Stadt und bietet von seinem Wehrgang aus einen fantastischen Blick auf die Straßen, den Fluss und das umliegende Gebirge.
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