Russland [1]

Reisebericht: Gregors Motorradreise nach Russland
15. Mai - 13. Juni 2009

21.5.2009, an der russischen Grenze

21.5.2009, an der russischen Grenze Meine grüne Versicherungskarte gilt nicht in Russland. Das ist ärgerlich, weil Russland Anfang 2009 der internationalen Vereinbarung bezüglich grenzüberschreitender KFZ-Haftpflicht beigetreten ist. Eigentlich müssten alle deutschen Versicherungen schon jetzt Russland in ihren grünen Karten einschließen, aber viele, darunter meine (die Allianz), lassen sich noch Zeit und zieren sich.

Das bedeutet, ich muss an der Grenze eine Versicherung für Russland abschließen. Auf der ukrainischen Seite der Grenze gibt es haufenweise Versicherungsagenturen, die solche grünen Karten anbieten - allerdings zu schändlich überhöhten Preisen. Ich weiß von meiner letzten Russlandreise, dass diese Versicherung etwa 20 Dollar kostet, aber die hier wollen mehr als das doppelte. Nicht mit mir, denke ich. Ich kann die Versicherung ja auch in Russland abschließen.

Der ukrainische Grenzer bei der Ausreise sieht meinen Deutschen Pass, grinst übers ganze Gesicht und sagt "Werder kaputt". Ich denke, dem hat das Spiel gestern Abend gefallen.

Zwei volle Stunden dauert die Abfertigung bei den Russen, und dabei ist hier noch nicht mal ne Schlange - ich komm sofort dran. Der Offizier, der mich abfertigt, war vor 20 Jahren als Soldat in Oranjeburg und kann ein paar Brocken Deutsch, die er stolz bei mir anwendet. Schneller wird die Abfertigung dadurch allerdings nicht.

Dass meine grüne Karte nicht in Russland gilt, hat er übersehen und lässt mich so los fahren. Also gut, soll mir recht sein.

Nach 15 Kilometern kommt die erste Polizeikontrolle. Der Beamte lächelt liebenswürdig, aber er stellt mit Bedauern in der Stimme fest, dass ich ohne gültige Versicherung unterwegs bin. Das kostet 200 $ Strafe, behauptet er, immer noch scheißfreundlich. Ich tu erst mal wieder so, als hätte ich kein Bargeld. Dann "durchsuche" ich verzweifelt meinen Jackentaschen "finde" nach einiger Zeit meine letzten 15 Dollars. Das reicht ihm und er lässt mich ziehen. Auch das war noch zu viel, hab ich später erfahren.

Wie dem auch sei, ich muss zurück zur Grenze und eine Versicherung nachlösen. Die kostet auf der russischen Seite der Grenze tatsächlich nur 20 Dollar.

21.5.2009, Taganrog

Das Ganze hat viel mehr Zeit gekostet, als eingeplant war, und so lande ich kurz nach der Grenze in einem Provinznest namens Taganrog und suche ein Hotel. Ich spreche einen jungen Mann an, der am Straßenrand mit seiner schicken Honda Fireblade steht. Aus dem Hotel wird nichts, er lädt mich zu sich nach Hause ein.

Russischer Bußgeldkatalog Alex ist ein smarter und offensichtlich erfolgreicher junger Banker, er hat neben der Honda eine hübsche Frau, eine 4 jährige Tochter, zwei Mitsubishi SUVs und ein todschickes, nagelneues Reihenhaus. Das ist aber nur sein temporärer Wohnsitz bis seine Villa in der Innenstadt fertig ist. Wenn ich je in meinem Leben einen wirklichen Yuppie getroffen habe, dann ist es Alex aus Taganrog.

Alex schenkt mir am Abend ein ganz delikates Dokument, nämlich den russischen Bußgeldkatalog. Man findet ihn auch online (Google nach 21.5.2009, Russischer Bußgeldkatalog ). Da steht zum Beispiel drin, dass eine Geschwindigkeitsübertretung bis zu 20 km/h nur 100 Rubel (2,40 Euro) kosten darf. Bis zu 40 km/h kostet es 300 Rubel (7,20 Euro). Das ist gut zu wissen, weil einen die Polizisten oft mit völlig überhöhten Bußgeldforderungen ins Bockshorn jagen wollen, um zu erreichen, dass der ausländische Delinquent höhere Schmiergelder anbietet.

Mehr als 40 km/h über dem Limit ist allerdings richtig teuer und es droht sogar der Führerscheinentzug.

22.5.2009, Rostow am Don

22.5.2009, Rostow am Don, Kathedrale Bis Rostow-na-Donu, wo ich eigentlich schon gestern Abend hin wollte, sind es nur 75 km. Alex macht mir den Führer und lotst mich in die Innenstadt. Beim Abschied schärft mir Alex noch mal eindriglich ein, wenn es im Verlauf der weiteren Reise irgendwo Schwierigkeiten geben sollte, soll ich ihn anrufen. Ja ja, is ja gut, denke ich, ich brauch keine Hilfe (wie man sehen wird, war das eine peinliche Selbstüberschätzung).

Das Hotel Rostow stammt zwar auch aus der sozialistischen Vorzeit, ist aber picobello restauriert und daher nicht ganz so billig.

Den Rest des Tages verbringe ich mit Sightseeing. Es ist heiß. Im Gorki Park ist ein fest installiertes Riesenrad, Boxautos, Schießbuden, einige Open Air Restaurants und eine Disko. Der Park grenzt im Süden an die schicke, teuere Flaniermeile Bolschaja Sadovaja, die mit ihren Boutiquen, Juwelieren, Banken und Handygeschäften auch irgendwo in Westeuropa sein könnte.

An der Kathedrale ist ein bunter Wochenmarkt und gleich nebendran die Markthallen, mit Tomaten, Gurken und Krautköpfen tonnenweise.

22.5.2009, Rostow am Don, Markthalle
22.5.2009, Rostow am Don, Markthalle

22.5.2009, Rostow am Don, Markthalle
22.5.2009, Rostow am Don, Markthalle
22.5.2009, Rostow am Don, Markthalle

 

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