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Ukraine

Reisebericht: Gregors Motorradreise um das Schwarze Meer
17. Mai - 18. Juni 2006

10.6.2006 - Ukraine - Krim - Feodosia

Die Einreise in die Ukraine gestaltet sich so, wie es sich für zivilisierte Länder gehört. 10 Minuten, und - ich bin ja schon drin!

[ Karte ]   Ich nähere mich in lockerem Tempo der Stadt Kerch. Schwupp, hat mich die erste Radarfalle erwischt. Am Ortseingang, ohne jegliche Häuser, nur Felder und Wiesen rechts und links. Aber halt leider schon innerorts. Der Polizist lässt mich in seinem Auto Platz nehmen, sagt was von Protokoll und Strafe, aber ich stelle mich dumm. Ich verstehe nichts, nje panimaju. Ich lass ihn 15 Minuten reden, dann gibt er entnervt auf und lässt mich weiter fahren. Bei meiner Reise in die Ukraine letztes Jahr wurde ich nie von einer Radarfalle belästigt, diesmal läuft das wohl etwas anders.

10.6.2006 - Matthias R. Ich erreiche gegen Abend Feodosia. Hier gibt es zurzeit ein paar Bürgerproteste gegen irgendwelche UN-Manöver auf der Krim. Ich war in Russland gewarnt worden, wegen dieser Proteste sei die Ukraine am Rande des Bürgerkrieges oder so. So hatte es das russische TV wohl dargestellt. Ich hab's nicht so richtig glauben können, und ich hatte auch keine Alternative, ich muss hier durch um heim zu kommen. Hier vor Ort wird mir klar, dass das nur ein paar Dutzend läppische Blümchen-Kiddies mit Transparenten sind.

Am Abend treffe ich Matthias aus Hannover, der mit seiner Transalp auch in dieser Gegend unterwegs ist. Wir trinken ein Bier zusammen, und beschließen, ein Stück des Weges gemeinsam zu fahren.

11.6.2006 - Krim - Sudak

11.6.2006 - Krim - Sudak 11.6.2006 - Krim - Sudak Endlich wird das Wetter ein wenig besser. Zusammen mit Matthias breche ich auf, Richtung Südwesten. Genau wie letztes Jahr empfinde ich die Küstenstraße der Krim als Motorradparadies. Ziemlich ohne Störung durch andere Verkehrsteilnehmer kann ich hier eine der grandiosesten Küstenlandschaften der Welt genießen.

Wir erreichen nach kurzer Fahrt Sudak. Ich war letztes Jahr schon mal hier, es hat sich nichts verändert. Man macht erst mal Halt am Biker Pub, unterhalb des Kastells, am westlichen Ende der Strandpromenade. Das türkische Restaurant nebenan serviert immer noch Grill, Krimsekt, und Wasserpfeife. Und im Biker Pub spielt immer noch dieselbe, nach wie vor wirklich gute Rockband.

12.6.2006 - Mikolajew

12.6.2006 - Nördliche Krim, Bauer Am nächsten Morgen fahre ich alleine weiter, Matthias will hier an der Küste noch ein paar Tage campieren.

Sobald ich das Küstengebirge der Krim verlassen habe, fängt die Ukrainische Steppe an, die mich für mindestens weitere 1000 Kilometer nicht verlassen wird. Ich empfinde die Trostlosigkeit der Straße, die karge Vegetation und die Einsamkeit der Dörfer hier als starken Kontrast zum üppigen Wohlstand der Küstenregion.

[ Karte ]   Am nördlichen Ende der Krim erreiche ich Cherson. Die Stadt liegt an der Mündung des riesigen Flusses Dnjepr, der hier, 70 km vor seiner Mündung ins offene Schwarze Meer, bereits gigantisch breit ist.

Aber ich kann mich hier nicht aufhalten. Mir wird die Zeit knapp, ich muss mich sputen, Richtung Heimat. So fahre die Strecke von Sudak über Alushta, Simferopol bis Mykolajiw in einem Rutsch.

Mykolajiw ist groß genug um unübersehbar zu sein. Trotzdem steht die Stadt in keinem Reiseführer, vielleicht, weil es hier keine sensationellen Sehenswürdigkeiten gibt. Es ist dennoch eine schöne Stadt.

Hier mündet der Fluss Inhul in den Fluss Bug, der kurz hinter der Stadt immens breit wird und ins Schwarze Meer mündet. Beide Flüsse umfassen in einem weit nach Westen ausholenden Bogen von Nordosten nach Süden den Kern der auf einem etwa 20 m hohen Plateau liegenden Stadt. Die Innenstadt hat ausgedehnte Fußgängerzonen, viele stattliche Bürgerhäuser aus dem 19. Jahrhundert, schicke Geschäfte, Straßencafes, und viele hübsche Rundblicke auf die beiden Flüsse Inhul und Bug. Mykolajiw ist kultureller Mittelpunkt des Gebietes mit Hochschulen und Theater.

Ich steige im Staatshotel Mykolajiw ab, ein sinnlos großer, alter Betonbunker, in dem die meisten Zimmer Renovierung nötig hätten. Dafür ist der Laden mit 19 Euro für die Innenstadtlage erschwinglich.

13.6.2006 - Winnyzja

Am Straßenrand stehen ein paar Militärfahrzeuge. Ein Uniformierter schwingt die Stoppkelle, ich halte an. Was gibt's? Kontrolle. Papiere. Ich gebe ihm Pass, KFZ Schein, Zollformular. Er zeigt mir einen undefinierbaren blauen Zettel voller kyrillischer Hieroglyphen und fragt, ob ich denn auch dieses Dokument hätte. Nein. Er bittet mich ins Militärauto, wahrscheinlich, weil wir dort vor fremden Blicken geschützt sind. Drinnen labert er mich endlos an, wobei er immer wieder auf seinen blauen Zettel zeigt. Ich verstehe nur "Dokument, Dokument".

Nun hab ich mich wirklich gut vor Antritt der Reise informiert, und ich meine, ziemlich genau zu wissen, was für Dokumente ich haben muss. Dieser blaue Zettel gehört nicht dazu. Also stell ich mich taub, ich will jetzt mal einfach nichts verstehen. Ich glaube, ich weiß schon, worauf er hinaus will, er hofft, dass ich irgendwann zermürbt genug bin und ihm ein Schmiergeld anbiete. Tu ich aber nicht. Nach 10 Minuten in dem Militärauto wird es mir zu dumm. Ich werde etwas laut und zeige meinen Ärger. Ich verwende Worte wie Legal, Tourist, Konsul, Kontrolle, Präsident, Polizei. Ich verlange seinen Namen, seinen Ausweis. Er gibt mir tatsächlich eine unleserliche Karte mit seinem Foto. Ich schau 15 Sekunden auf die Karte, so als wollte ich mir alle Daten einprägen. Dann steige ich aus ohne ihn zu fragen, stell mich vors Auto, fixiere das Nummernschild und tu so, als würde ich mir auch das einprägen. Dann geh ich zurück, brauche aber gar nicht mehr einsteigen, er reicht mir meine Papiere durch die offene Tür und sagt, ich soll weiterfahren.

Bei der nächste Militärkontrolle das gleiche Spiel. Diesmal hat er einen gelben Zettel, und diesmal steht sogar der Preis drauf, den er von mir erwartet, 200 Grieven, das sind über 30 Euro. Mit meiner Reaktion hat er wohl nicht gerechnet. Ich hole Luft und schimpfe ihn auf Deutsch an, so wie man ein Schulkind zusammenscheißt. Dann zücke ich Bleistift und Papier, gehe zu seinem Auto und schreibe mir demonstrativ die Nummer auf. So schnell kann ich gar nicht gucken, wie er mir meinen Pass zurückgibt und mich auffordert, weiter zu fahren.

Die Fahrt durch das Ukrainische Flachland zieht sich endlos hin. Zwei mal tappe ich in eine Radarfalle, und es läuft immer nach demselben Muster ab. Der Polizist bittet mich freundlich, neben ihm im Streifenwagen Platz zu nehmen. Dann holt er irgendwelche Protokollformulare und sagt etwas von "Strafe", das Wort kennt er auf Deutsch. Und dann erklärt er, dass ich zum Bezahlen der Strafe zur nächsten größeren Stadt zurückfahren muss, 60 Kilometer in die Richtung, aus der ich gerade gekommen bin. OK, ich greife in die Hosentasche und reiche ihm drei Dollar. "Mehr" sagt er, das kann er auch auf Deutsch. Mit weiteren zwei Dollars ist er dann zufrieden und ich darf weiterfahren.

Ich will nicht meckern, ich bin wirklich zu schnell gefahren und 5 Dollar ist auch nicht die Welt. Aber es gibt noch andere Wegelagerer, Militärkontrollen, die in krasser Überschreitung ihrer Kompetenzen versuchen, ahnungslosen Touristen Geld aus der Tasche zu ziehen. Echt ärgerlich.

Am Nachmittag erreiche ich Vinnytsia (Winnyzja). Die Stadt ist in ihrem Zentrum durchaus ansprechend, mit einer schönen Kathedrale, zum Teil schön restaurierten Fassaden aus der Gründerzeit, und einer lebendig bunten und modernen Geschäftsstraße.

Das Hotel ist von der besseren Sorte. Renoviert, sauber, mit Empfangsdame und Portier macht es einen sehr seriösen Eindruck. Auch der Preis ist für Ukrainische Verhältnisse gesalzen, 40 Euro, aber ich hab halt nichts anderes gefunden.

Abends um 19 Uhr klingelt das Telefon auf dem Zimmer. Es ist die Rezeptionsdame, und sie fragt, "Do you want Girl for Sex?".

14.6.2006 - L'viv

In der Kleinstadt Pidvolochisk, ein paar Kilometer östlich von Ternopil, sehe ich von weitem eine ziemlich große Kirche in auffallend unkonventioneller Architektur. Das muss ich von der Nähe sehen, also biege ich von der Hauptstraße ab. Die Kirche ist offensichtlich ziemlich neu, und in der Tat ziemlich ungewöhnlich.

Nach einem weiteren langen Ritt durchs zentralukrainische Flachland erreiche ich L'viv (Lemberg). Es ist die wichtigste Stadt der ukrainischsprachigen Westukraine. Manche Westukrainer, die sich gegenüber der weitgehend russischsprachigen Bevölkerung in der Ostukraine als die eigentlichen Ukrainer sehen, bezeichnen es sogar als die "heimliche Hauptstadt der Ukraine".

13.6.2006 - L'viv 13.6.2006 - L'viv Lemberg ist seit sehr langer Zeit vom Zusammenleben mehrerer Völker geprägt. Bis ins 20. Jahrhundert gab es neben der polnischen Bevölkerungsmehrheit einen großen Anteil an jüdischer, ukrainischer, deutscher und sogar armenischer Bevölkerung, heute leben in der Stadt neben (fast ausschließlich) Ukrainern auch Russen, Weißrussen und Polen.

Noch heute atmet die Stadt die Tradition der Metropole Galiziens. Im Zentrum liegt der Prospekt Swobody, ein langer, prächtig breiter Platz, teils Boulevard, teils Park. Die prächtigen Fassaden und die Atmosphäre des Platzes erinnern mich stark an den Wenzelsplatz in Prag.

Die Straßen der Altstadt sind allerdings fürchterlich. Mittelalterliches, völlig verworfenes Kopfsteinpflaster, kombiniert mit Straßenbahnschienen. An manchen Stellen ragen die Schienen 15 cm über das Kopfsteinpflaster hinaus. Einmal bin ich zwischen die Schienen geraten und konnte einige hundert Meter lang nicht mehr raus. Hätte ich bei dieser Fahrt die Schienen touchiert, wäre es unweigerlich zum Sturz gekommen.

13.6.2006 - Dnjepr Motorrad

15.6.2006 - Von L'viv Richtung Polen

Die Ausfahrt aus L'viv am nächsten Morgen ist der gleiche Horror. Es regnet auch noch. Ich hab's überlebt, aber ich kann vor einer Motorradfahrt ins Zentrum von L'viv bei Regen nur warnen, das Risiko ist erheblich.

Nach 80 Kilometer erreiche ich die Grenze zu Polen.

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