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Georgien [3] - Richtung Aserbaidschan mit Hindernissen

Reisebericht: Gregors Motorradreise um das Schwarze Meer
17. Mai - 18. Juni 2006

30.5.2006 - Von Tbilisi nach Kvareli

[ Karte ]   Ich will heute nach Osten, Richtung Aserbaidschan fahren. Der Grenzübergang Rote Brücke an der Hauptstraße S-4 erscheint mir nicht so attraktiv, da fahren alle. Ich denke, die Strecke im Nordosten über Telavi und Lagodechi, im Vorland des Hochgebirges, müsste mehr hergeben. Ja, das ist abgelegen, aber da kann man gut fahren, wurde mir in Tbilisi versichert.

30.5.2006 - Von Tbilisi nach Kvareli 30.5.2006 - Von Tbilisi nach Kvareli Ich nehme die S-9, dann die S-5 nach Osten, und biege auf die Landstraße Richtung Gombori ab. Die Straße ist am Anfang richtig gut, doch schon nach wenigen Kilometern wird sie schlecht bis mangelhaft. Langsam, langsam, geht es immer weiter in die Berge, hier gibt es Straßenschilder nur noch handgemalt und in Georgischer Schrift. Aber Hallo, ich kann das lesen! Links geht's nach Sioni, rechts nach Telavi. Ich bin stolz auf mich. Ich kenn mich aus, hier kommt der Bezwinger des Kaukasus. Nach weiteren zwei Stunden im Schneckentempo, vielleicht 10 km vor dem Ziel, erreiche ich das jähe Ende der Straße. Ein riesiger Erdrutsch hat den Pass unpassierbar gemacht, und das wohl schon seit längerer Zeit.

30.5.2006 - Von Tbilisi nach Kvareli 30.5.2006 - Von Tbilisi nach Kvareli

Neben dem Erdrutsch gibt es ein paar tief ausgewaschene Fahrspuren durchs Gras und über Stock und Stein. Das waren wohl Allradfahrzeuge, die sich hier durchs Gelände gepflügt haben. Ich stelle meine Maschine ab und wandere drei Kilometer entlang dieser Fahrspuren, um zu sehen, ob ich da auch durchkomme. Sehr, sehr fraglich, scheint mir. Dann beherzige ich die alte Weisheit der Endurofahrer: Fahr niemals in ein Gelände, wo du nicht sicher bist, dass du alleine wieder raus kommst.

So wie die Fahrspuren aussehen, kommt hier nur alle 4 Wochen mal jemand vorbei. Außerdem hab ich keine Enduro. Also umkehren und die ganze Holperstrecke zurück. Nach 2 Stunden bin ich wieder an der Stelle der S-5, wo ich vor 5 Stunden in die Berge abgebogen bin.

30.5.2006 - Sighnaghi Nur nicht verzagen, denke ich, und folge der S-5 nach Osten. Die Straße ist in bestem Zustand und geht durch sanftes Hügelland. Ich besuche Sighnaghi, ein hübsches Bergstädtchen mit mittelalterlicher Stadtmauer, still und malerisch. Von hier sehe ich zum ersten Mal die Kette schneebedeckter Gipfel des Kaukasus in vollem Ausmaß. Angeblich ist Sighnaghi ein Zentrum der Kultur. Das hiesige Kloster ist eine Zweigstelle der Universität von Tbilisi. Dann sind hier eine Musikhochschule, sowie eine Ballettschule. Und schließlich ist die Stadt Wohnsitz und Arbeitsplatz von Künstlern und Kunsthandwerkern aller Art.

Aber ich muss weiter Richtung Aserbaidschan. Die S-5 führt durch die Ebene des Alasani Flusses nach Lagodheki. Es ist 17 Uhr, ich habe die Grenze erreicht.

30.5.2006 - Sighnaghi
Bei der Einreise nach Georgien wurde ich gefragt, an welchem Grenzübergang ich ausreisen will. Ich wollte mir keine Freiheiten verbauen. Richtung Aserbaidschan, sagte ich, aber wo genau, weiß ich noch nicht. Der Grenzer fragte, darf ich annehmen, Rote Brücke? Schreiben Sie was Sie wollen, sagte ich.

Das war ein Fehler. Der Grenzübergang, an dem man ausreisen will, wird in die Zollpapiere eingetragen, und das ist bindend. Eine Ausreise an einem anderen Punkt ist verboten.

Ich muss nicht lange auf die Grenzformalitäten auf der Georgischen Seite warten. Sofort bedient mich ein freundlicher Beamter, mustert meinen Pass, meine Zolldokumente, und ruft dann seinen Vorgesetzten. Der beginnt mir umständlich zu erklären...

Ich will es kurz machen: Ich darf über diesen Grenzübergang nicht ausreisen.

Und was soll ich jetzt tun, frage ich. OK, Sie können (den ganzen langen Weg) zurück nach Tbilisi fahren, und dort bei der Zollbehörde den Ausreisepunkt in Ihren Papieren ändern lassen. Oder Sie fahren, wie es in den Papieren steht, zur Roten Brücke.

30.5.2006 - Von Lagodheki nach Kvareli Es ist spät am Abend, ich kann jetzt nicht weiterfahren, also muss ich mir ein Bett in der Gegend hier suchen. Ich mache kehrt, Richtung Westen. Leider sind alle Dörfer hier in keinster Weise auf Tourismus eingestellt, und so fahre ich weiter und weiter, während die Sonne immer tiefer sinkt, mich blendet und das Fahren fast unmöglich macht. In Kvareli lande ich schließlich auf dem Polizeirevier, wo der Wachtmeister sein Auto aus dem Stall holt, vor mir her fährt, und mich zu Josefs Haus, dem einzigen Privatquartier des Dorfes lotst.

Wie es der Zufall will, hat Josef ein paar Jahre als Gastarbeiter in Saloniki verbracht. Er spricht gebrochen Griechisch - genau wie ich. Das erleichtert die Kommunikation ungemein. Nebenan ist ein Gasthaus, dort kriege ich ein gutes Essen, eine Menge Bier und Wodka, und gewinne gegen Sachar, dem großen, lauten Tavernenwirt, im Backgammon. Alles in Allem ein sehr gelungener Abend.

31.5.2006 - Beinahe nach Aserbaidschan

31.5.2006 - Kvareli - Sachar, Natela und Josef Das Frühstück ist fast genau so lustig wie das Abendessen gestern. Josef, die Wirtin Natela und der laute Sachar sind auch dabei.

[ Karte ]   Ich entschließe mich, den in meinen Papieren festgelegten Grenzübergang Rote Brücke anzusteuern. Nach etwa 4 Stunden bin ich dort. Die Georgier brauchen wieder eine Stunde, bis ich das Land verlassen darf, aber diesmal darf ich wenigstens.

Das Niemandsland zwischen Georgien und Aserbaidschan ist etwa 300 Meter lang. Hier führt eine Bogenbrücke aus Rotsandstein aus dem 12. Jahrhundert über den Mtkwari. Jeder Reisende in Länder der ehemaligen Sowjetunion weiß, dass man im Bereich der Grenze nicht fotografieren darf. Ich weiß das auch, und trotzdem kann ich es mir nicht verkneifen, im Niemandsland anzuhalten und ein Foto von der Roten Brücke zu machen. Wird schon keiner merken.

31.5.2006 - aserbaidschanischer Soldat joggt auf mich zu Großer Fehler. Ein aserbaidschanischer Soldat joggt auf mich zu und gestikuliert heftig, fotografieren verboten. Ok, ok, ich pack ja schon die Kamera weg. Nix da, komm mit zum Offizier. Ich folge ihm in die Grenzbaracke. Au weia, wie kann ich nur so bescheuert sein, wenn die mir jetzt die Kamera wegnehmen?

Der Herr Offizier ist zum Glück von der jovialen, freundlichen Sorte. Gegen Deutsche hat er nichts. Er nimmt mir die Kamera aus der Hand, schaut sich gemächlich alle 300 Bilder an, und löscht dann die drei letzten Bilder - die von der Roten Brücke. So weit, so gut.

Übrigens, ich hab sofort die Speicherkarte aus meiner Kamera entfernt und bis zu meiner Heimkehr nicht mehr benutzt. Daheim hab ich dann ein cooles Programm namens "PC Inspector Smart Recovery" von www.convar.de herunter geladen und damit die gelöschten Bilder von meiner Speicherkarte wiederhergestellt. Voila, hier ist die Rote Brücke!

Beim Zoll gibt es dann die nächste Überraschung. Besucher des Staates Aserbaidschan, die mit dem Motorrad einreisen, müssen ca. 60% des Zeitwertes der Maschine an der Grenze als Kaution einzahlen. Bei der Ausreise kriegt man dann bei Vorlage der Quittung sein Geld zurück. Oder so. Bar, bitte. Keine Kreditkarten.

31.5.2006 - Georgischer Cowboy 31.5.2006 - Georgischer Cowboy Ich fasse es nicht. Es gab keine diesbezügliche Information im Internet, also wusste ich davon nichts, und wer hat schon solche Mengen Bargeld in der Hosentasche? Ich schimpfe, drohe, fluche, bettele, es hilft alles nichts, entweder zahlen oder Einreise verboten. Diese bekloppte Kaution wird nebenbei nicht für Autos erhoben, und auch nicht für Motorräder, die im Transit in ein drittes Land weiterfahren.

Schweren Herzens wende ich und fahre zurück nach Georgien. Mein Besuch in Aserbaidschan erschöpfte sich in zwei Stunden mehr oder weniger unterhaltsamem, aber letztendlich verlorenem Kampf mit dem Amtsschimmel an der Grenze.

Ich fahre also wieder zurück nach Tbilisi, vorbei am kahlen Weideland im Mtkwari-Tal, vorbei an Schafen, Kühen und Georgischen Cowboys.

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