Griechenland [1]: Chalkidiki
Reisebericht: Gregors Motorradreise in den Balkan
22.Mai - 18. Juni 2004
5. Juni: Richtung Chalkidiki
Im Wolkenbruch geht es über die Grenze nach Griechenland. Ab Nigrita lässt der Regen nach. Es geht durch eine traumhaft schöne sanfte Hügellandschaft, kleine, moderne aber hübsche Dörfer, über völlig leere aber perfekt ausgebaute kleine Straßen in ständigen sanften Kurven. Wieder mal eine traumhafte Motorradetappe. Im Hintergrund sehe ich bereits die Berge der Chalkidiki.
Bei Nea Kerdilia erreiche ich das Meer, weiter gehts über die
Schnellstraße Richtung Chalkidiki. Bei Stavros mache ich den
ersten kurzen Halt am Wasser. Die Stadt hat eine hübsche
Strandpromenade und einen schönen Hafen, der noch so richtig
nach Fischerei aussieht. Die Fischer, die am Hafen ihre Netze
flicken, sind, wie sich herausstellt, Nordafrikaner oder so, auf
jeden fall keine Griechen. Griechische Fischer gibt es
offensichtlich nicht mehr viele hier.
Weiter entlang der Küste über gute, kurvenreiche
Straßen bis zu meinem heutigen Tagesziel: Ierissos. Die
Strecke wird immer besser. Eingesäumt mit blühendem
Ginster, prächtig ausgebaut, perfekter Belag, mit elegant
geschwungenen Kurven ständig auf und ab und, wegen der
frühen Saison, ohne jeglichen Verkehr. Alle Badeorte sind um
diese Jahreszeit noch total tote Hose. Deshalb kann ich auch
erfolgreich um den Zimmerpreis feilschen.
Im Internet Cafe studiere ich wieder mal die Wetterkarte. Es zeigt sich, dass auf dem offenen Meer der Ägäis und auf den Inseln das Wetter gut ist, während das nördliche Festland fest in der Hand des tiefsten Tiefduckgebietes der Welt ist. Fazit: ich muss raus aufs offene Meer. Wie? Die drei Halbinseln der Chalkidiki könnten Inselcharakter und Inselwetter haben. Hier jedenfalls ist dies bereits der Fall. Endlich strahlende Sonne und blauer Himmel!
6. Juni von Ierissos nach Sarti
Am Morgen fahre ich die Halbinsel Athos ab, soweit das möglich ist - der größte teil des Athos ist unwegsam, und außerdem ist es eine autonome Mönchsrepublik, zu der es für gewöhnliche Touristen keinen Zutritt gibt.
Kurz vor der Grenze zur Mönchsrepublik liegt Ouranopolis. Es
ist Sonntag morgen, deshalb ist dieser Ort auch schon um diese
Jahreszeit etwas überlaufen. Hier auf der Halbinsel Athos
strahlt der Himmel, aber im Norden, in der Ferne, sitzt der Regen
immer noch schwarz über dem Festland
Weiter nach Westen zur mittleren Halbinsel Sithonia. Während rechts die Berge des Festlandes in schwarze Wolken und entsprechende Regenfälle gehüllt sind, ist linker Hand, im Süden, blauer Himmel und Sonnenschein. Nur der Berg Athos hat ein Wolkenmützchen. Die Fahrt über Gomati und Pirgadikia geht immer scharf an der Wolkengrenze entlang.
Wieder sind die Straßen breit, mit makellosem Belag, voller
Kurven, und ohne Verkehr. Dazu die fantastischste
Küstenlandschaft: steile Felsen, kleine Sandbuchten,
blühender Ginster, grünes Gras. Griechenland im
Frühling ist sein Geld wert.
Am frühen Nachmittag erreiche ich Sarti an der Ostküste der Sithonia. Bestes Wetter, preiswertes Zimmer, ein erstes Bad im Meer, Mittagsschlaf und ein gutes Abendessen. Die Welt ist voll in Ordnung.
7. Juni, Sithonia
Heute gibts eine Rundfahrt im Uhrzeigersinn um die gesamte Halbinsel
Sithonia herum. Es sind zwar nur 120 km, aber vor lauter besichtigen,
fotografieren, Kaffee trinken, baden, und essen brauche ich
dafür 4 Stunden.
Kurz nach der Abfahrt gerate ich schon wieder in einen Platzregen und
muss an einem einsamen Strand in dem kleinen Cafe des Fischers Sakis
vor dem Unwetter Unterschlupf suchen. Ich trinke einen Kaffe und
warte den Regen ab, während Sakis auf dem Boden sitzt und seine
Fischernetze repariert. Als ich schließlich bezahlen will,
will Sakis kein Geld. Warum? Nun, ich war hier auf der Flucht vor
dem Gewitter, und in so einem Falle gehört es sich, dem Wanderer
Schutz zu gewähren und die Bewirtung des Gastes ist deshalb
umsonst, erklärt Sakis.
An der Südspitze der Sithonia gibt es ein Küstenpanorama, das seinesgleichen sucht.
Um die Mittagszeit bin ich an der Westküste in Neos Marmaras.
Wie überall in dieser Gegend gibt es in dem hübschen Hafen
kein einziges Fischerboot mehr, dafür sind die
Straßencafes am Wasser stinkteuer: 3,50 EUR für einen
Cappucino.
Am Ende der Heimfahrt komme ich dem Festland wohl wieder zu nahe: Ich fahre im Regen.
8. Juni, die Berge der Chalkidiki
Heute schaut der Himmel im Norden etwas freundlicher aus, also mache ich eine Rundfahrt durch die Berge der Chalkidiki.
Besonders faszinierend finde ich das Bergstädtchen Arnea, mit gut erhaltenen altertümlichen Häusern, lebhaften Straßen, engen Gassen. Natürlich gibt es auch jede Menge neue Häuser hier, die Stadt ist ein gefragter Standort als Feriendomizil für viele wohlhabende Bürger aus Thessaloniki.
Auf dem lebendigen, gemütlichen Marktplatz kommt das Quellwasser direkt aus dem Stamm einer 200jaehrigen Platane.
Die Berglandschaft hier ist unvergleichlich schön. Dünn besiedelt, über und über bewaldet, voller herrlicher kleiner Motorradstraßen und immer wieder mit den tollsten Panoramablicken auf Berge, Küste und Meer.
9. Juni, zum Olymp
Ich verlasse die Chalkidiki auf den kleinsten, abgelegensten
Straßen, die ich auf der Landkarte finden kann. Wieder mal
zeigt sich, Griechenland ist das ideale Motorradland schlechthin. Wer
auf gemütlichen, gut ausgebauten, schlaglochfreien
Landstraßen surfen will, mit vielen Kurven, gelegentlichen
Serpentinen und wenig Verkehr, der liegt hier richtig und wird mit
sensationell schönen Landschaften belohnt. Täler, Berge,
Pässe, Kurven, Serpentinen, Dörfer - ohne Ende.
Allerdings ist es von Nutzen, wenn man das griechische Alphabet ein wenig beherrscht, denn im Hinterland fehlen häufiger mal die lateinischen Wegweiser.