Bulgarien
Reisebericht: Gregors Motorradreise in den Balkan
22.Mai - 18. Juni 2004
3. Juni, Sofia (Sofija)
Über die Donau nach Bulgarien geht es per Fähre, der Fluss ist hier gut 1 km breit. Der Grenzort Orjahovo ist ein ziemlich verhautes Nest, wie halt Grenzorte so sind.
In Bulgarien sind die Strassen wesentlich besser. Bei Vraca soll die Landschaft besonders schön sein, aber ich sehe wegen des sintflutartigen Regens nichts, rein gar nichts. Trotzdem ist die Strecke nach Sofia im Nu geschafft.
In der Millionenstadt Sofia (Sofija) gibt es, wie befürchtet, so gut wie keine Motorräder und keine einzige professionelle Motorradwerkstatt. Aber: Alek, der Service Manager des Opelhändlers ist begeisterter Biker und versierter Schrauber. Ein kurzes Telefonat, nach einer Stunde kommen per Taxi von irgendwoher die passenden Simmerringe, und weitere 2 Stunden später sind sie eingebaut - von Alek persönlich, für ganze 31 EUR.
Und nach der Reparatur gibts schon wieder eine kostenlose Übernachtung: Alek bietet mir Quartier an - warum? Nun, Moppedfahrer halten nu mal zusammen. Ich lade Alek mit seiner Freundin zum Abedessen ein, in einem Restaurant seiner Wahl. Meine einzige Bedingung: Es muss original bulgarisches Essen dort geben. Wir landen in einem Steak-, Burger-, und Frittenschuppen im Wildweststil, draußen vor der Stadt.
4. Juni, Sofia nach Sandansk
Nach einer kurzen Besichtigung der goldenen Basilika von Sofia - im Regen - geht es weiter nach Süden, Richtung Griechenland. Raus aus Sofia zu kommen ist ein Schlauch. Die Stadt ist ein Labyrinth, Wegweiser gibts keine, die Leute fahren wie die Kameltreiber.
Nach Wolkenbrüchen, Umleitungen, Verfransungen, erreiche ich schließlich nach einer schönen Fahrt durch das Tal des Strimonas Flusses Sandanski im Süden Bulgariens. Ein letztes mal gutes Essen und übernachten zu superbilligen Preisen. Das wissen auch die Griechen, die hier in Massen als Wochenendtouristen einfallen. Auch das Stadtbild ist geprägt von der Grenzlage: Die Leute hier scheinen ausschließlich vom Kurbetrieb, Souvenir- und Modeshops, Restaurants, Hotels und Straßencafes zu leben.
Morgen bin ich in Griechenland - Euroland, Teuroland.
5. Juni: Richtung Chalkidiki
Obwohl Sandansk frühmorgens noch in der Sonne liegt, zieht es sich bald zu. Heute Nacht hat es so geregnet, dass die Straßen der Stadt mit Sand und Schlamm bedeckt sind. Die Stadtreinigung muss mit Lastwagen den Dreck fortschaffen.
Bei den Markthallen kriege ich ein Stück Balkanpolitik par excellence geboten: Ein depperter Kerl versucht mir zu erklären, dass hier eigentlich nicht Bulgarien, sondern Mazedonien ist. Typisch für die Länder hier, jeder meint, eigentlich auf ein Stück des Nachbarlandes Anspruch zu haben. Die umstehenden Bulgaren reagieren gelassen ob der Provokation, das erstaunt und erfreut mich.
Kurz vor der Grenze mache ich noch einen Abstecher zum Bergstädtchen Melnik. Es entpuppt sich in der Tat als wunderbar restauriertes Freilichtmuseum vergangener bulgarischer Dorfkultur, aber auch als Touristenfalle. Hier gibt es wohl kaum Bauern mehr, stattdessen Restaurants, Hotels, Fremdenzimmer. Alles nett gemacht. Die riesige Platane über dem Dorfbrunnen ist ein echtes Juwel.
Im Ort vor Melnik dagegen gibt es noch Landwirtschaft, keine Gastronomie, keine Touristen. Echt eben, und echt schön.
Hier im Hinterland hab ich wieder meine Not mit den Wegweisern in kyrillischer Schrift. Wo, bitte, gehts hier nach Griechenland?