15.05.2011 09:00:00 Stuttgart 48.72622,9.06797
Die letzten Tage vor der Abreise hab ich immer wieder üble Wetterprognosen gelesen, aber heute Morgen sieht es doch gar nicht so schlimm aus.
Es ist frisch, aber sonnig, was will man mehr. Also, dann mach ich mich mal wie geplant auf die Socken.
15.05.2011 17:35:44 Piding bei Salzburg 47.76110,12.90238, 510 km, Total: 510 km.
Die Sonne wird ab und zu von einem Regenschauer getrübt, aber im großen ganzen ist das Wetter OK. Aber am Nachmittag werden die Wolken dann doch immer schwärzer. Also mach ich kurz vor Salzburg einen Schwenk ins nächste Dorf und nehme Quartier.
Als ich nach dem verdienten Feieabend-Nickerchen vor die Tür der Pension trete, gießt es so stark, dass ich gleich wieder kehrt mache. Morgen soll es den ganzen Tag regnen. Das kann ja heiter werden. Erst am Dienstag solls wieder freundlicher werden, vielleicht wärs das Beste, ich bleib hier und verschlafe den ganzen Montag?
Nein, ich werde fahren, auch wenns Frösche regnet.
16.05.2011 19:19:06 Ogulin, Kroatien 45.26270,15.23172, 462 km, Total: 972 km.
Es kommt wie vorhergesagt. Auf dem Weg nach Süden, von Salzburg bis zum Katschbergtunnel fahr ich im Regen, der, je höher ich komme, immer stärker und kälter wird. Am Tunneleingang liegt Neuschnee, und der Tunnel ist die Rettung. 6 Kilometer im Auspuffmief, aber trocken. Und dann, am Tunnelausgang, Bingo! Sonnenschein und blauer Himmel. Wärmer ist es nicht geworden, aber wir wollen ja nicht unverschämt sein. Es geht bergab, und es wird noch besser. Ab Villach hat es laue 18 Grad. Die Welt ist in Ordnung.
Slowenien kommt mir vor wie hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen, das heißt, wenn man die von Neubauwut verseuchten Gebiete entlang der Autobahn verlässt und sich über die Landsträßchen nach Süden schlängelt. Idyllische Landschaften, Wälder, Wiesen, Hügel und meist das Hochgebirge im Hintergrund.
Am späten Nachmittag erreiche ich Kroatien und suche mir noch mal eine gottverlassene Nebenstraße nach Süden aus. Ich nehme Quartier in Ogulin, ein Kleinstädtchen abseits aller Touristenpfade.
17.05.2011 11:19:40 Senj 44.98958,14.90029, 80 km, Total: 1052 km.
Von Ogulin nach Senj gibt es eine alte Landstraße, durch die Kuhdörfer, durch Berg und Tal mit tausend Serpentinen. Bis vor 10 Jahren war das eine der zwei Hauptverbindungen von Zagreb an die nördliche Adria. Dann wurde die Autobahn gebaut, und deshalb fährt hier jetzt kaum mehr jemand. Um so besser, die Straße ist immer noch in gutem Zustand, ideal fürs Motorrad.
In Senj werde ich am Hafen von fünf älteren Herren, dem Schulrektor, dem Veterinär, dem Kapitän und zwei pensionierten Handwerkern vereinnahmt. Alle fünf sprechen mehr oder minder gut Deutsch und ich kriege eine Geschichtsstunde von den Türkenkriegen über die Venezianer, das Königreich Kroatien, den zweiten Weltkrieg und den Befreiungskrieg von Serbien. Ich höre gebannt zu, was bleibt mir übrig, denn der Kaffe ging auf Rechnung der alten Herren.
17.05.2011 18:57:51 Biograd 43.93927,15.44137, 200 km, Total: 1252 km.
Dann geht es entlang der Küste nach Süden. Die legendäre Kroatische Küstenstraße, die kurvenreichste Straße Europas (sag ich jetzt mal), sollte jeder Motorradfahrer ein mal im Leben gefahren sein. Während der Touristensaison kommt man hier wohl nicht so richtig auf seine Kosten, aber jetzt ist die Straße leer, und so hab ich diese höchst vergnügliche Achterbahn für mich alleine.
In Zadar verplempere ich eine gute Stunde auf der Suche nach einem Nachtquartier. Hier gibt es eine sehenswerte historische Altstadt, aber keine bezahlbaren Unterkünfte in der Nähe.
Ich fahre entnervt weiter und lande in Biograd. Hier gibts keine Sehenswürdigkeiten, dafür einen riesen Yachthafen und Fremdenzimmer im Überfluss.
18.05.2011 15:20:00 Mostar, Bosnien 43.33947,17.81066, 271 km, Total: 1523 km.
Das mit der schönen, leeren, kurvigen Küstenstraße hat ein Ende. Je weiter ich nach Süden komme, desto dichter wird der Verkehr, desto gerader die Straße. Vom Meer sehe ich auch nicht mehr viel, denn der Straßenverlauf ist von der Küste abgerückt.
Das muss ich mir nicht antun. Bei Sibenik verlasse ich die Landstraße und nehme für die nächsten 150 Kilometer die Autobahn. Dann durch ein paar Bergdörfer, und ich überquere die Grenze nach Bosnien.
Bosnien ist sichtlich weniger wohlhabend als Kroatien. Die Dörfer und Städte sind zehn Jahre in der Entwicklung zurück. Die Altbauten bröckeln, die Neubauten wirken oft unfertig, unkoordiniert und chaotisch.
Mein Ziel ist Mostar, das UNESCO Weltkulturerbe mit der berühmten, fast 500 Jahre alten Fußgängerbrücke über den Fluss Neretva, die den Kroatisch-christlich dominierten Westteil der Stadt mit den bosniakisch-moslemischen Ostteil verbindet.
19.05.2011 13:33:00 Dubrovnik 42.64346,18.11026, 180 km, Total: 1703 km.
Von Mostar geht die Fahrt nach Süden, zurück zur Küstenstraße. Die letzten 100 Kilometer bis Dubrovnik sind wieder sagenhaft. Wenig Verkehr, die Straße perfekt ausgebaut und kurvig.
Dubrovnik - noch so ein Weltkulturerbe, welches ich immer schon mal sehen wollte. Ich finde eine preiswerte Unterkunft direkt neben der zyklopischen Festungsmauer, die die Altstadt umgibt.
Ich zieh mir die Wanderschuhe an und verbringe den Rest des Tages in der Altstadt, besichtige alles was es zu besichtigen gibt, gönne mir einen Kaffe auf der Placa Stradun, besteige die Stadtmauer und umrunde auf der Mauer die Stadt. Viele Gassen der Stadt sind elend steil, eigentlich sind es keine Gassen, sondern Treppen.
Die Leute hier haben die Grätsche zwischen Museum und Alltag ganz gut hinbekommen. Noch leben Einheimische in der Stadt, sodass trotz des Touristenrummels ein Rest urbaner Qualität spürbar ist, zumindest abseits der Plaza und der Kathedralen.
20.05.2011 17:30:00 Kolasin, Montenegro 42.82512,19.52389, 252 km, Total: 1955 km.
Montenegro trägt seinen Namen zu Recht. Dicht bewaldete, steil vom Meer aufragende Berge bestimmen das Landschaftsbild. Bis Kotor fahre ich auf der belebten Küstenstraße, dann nehme ich am östlichsten Ende der Bucht von Kotor, in Skaljan, eine winzige Passstraße steil hinauf nach Cetinje und weiter Richtung Podgorica.
Die Bucht von Kotor ist so sehr mit aberwitzig schroffen Berghängen umgeben, es erinnert an einen norwegischen Fjord.
Nach Podgorica geht die Passfahrt weiter, ich möchte zum berühmten Tara-Canyon, nach dem Grand Canyon in USA die zweittiefste Schlucht der Welt. Mein Nachtquartier finde ich in Kolasin, morgen werde ich dann die Schlucht erkunden.
21.05.2011 17:48:19 Durch die Tara-Schlucht zurück nach Kolasin 42.82185,19.51927, 242 km, Total: 2197 km.
Der zweittiefste Fluss-Canyon der Welt, nach dem Grand Canyon. Bis zu 1300 Meter tief. Damit hören die Ähnlichkeiten aber schon auf. Während der Grand Canyon eine Wüste ist, ist dieses Tal sattgrün dicht bewachsen. Die Canyon-Straße führt mich teils auf halber Höhe, teils nahe dem Talboden etwa 50 Kilometer von Mojkovac nach Zabljak. Immer wieder mal erhascht man durch den üppigen Bewuchs einen Blick auf den Fluss.
Danach führt mich der Weg ein Stück durch das Durmitor-Gebirge, dessen Wintersport-Dörfer sich mir jetzt als Geisterstädte zeigen.
Und der dritte Teil der Tagestour geht entlang des Babin-Zub-Gipfels über eine gottverlassene, winzige Passstraße, mehr Waldweg als Straße, zurück nach Kolasin. Diese letzte Etappe hat es in sich, die Straße ist noch vom Winter voller Streusplitt, hier fahren zu wenig Autos um den Sand wegzufegen. Und dann gerate ich auch noch in ein Gewitter. Und dann geht mir der Sprit zur Neige - seit 60 Kilometer gab es entlang dieses Eselspfades kein Dorf.
Ums kurz zu machen, Am Ende der Passtraße ist ein Cafe, wo ich mich vor dem Gewitterregen verkriechen kann, der Regen hört irgendwann auf, und der Sprit hat auch gereicht. Gerade so.
22.05.2011 18:14:52 Durres, Albanien 41.30131,19.49497, 250 km, Total: 2447 km.
Heute wollte ich eigentlich in den Kosovo fahren, aber wenn ich mir so die Wettervorhersage ansehe, wird das wieder eine Bergtour durch Gewitter und Wolkenbruch. Ich entschließe mich, stattdessen nach Albanien fahren. Dort im Süden am Strand ist Badewetter angesagt.
Als ich die montenegrinischen Berge verlasse, ist das Wetter noch ganz passabel, aber gegen Mittag zeigt sich, dass meine Entscheidung richtig war. Alles, was nach Berg aussieht, hüllt sich in schwarze Wolken, denen man ansieht, dass es dort heftig regnet. Nur entlang meiner Route, entlang der Albanischen Küste, ist der Himmel blau.
Die Albaner haben eine merkwürdige Art des Straßenbaus. Die Strecke von der Nordgrenze bis Shkoder, knapp 40 km, soll renoviert werden. Also wird erst mal auf der ganzen Strecke der Asphalt abgetragen und neuer Schotter verlegt. Den lässt man dann ein Jahr oder so liegen, damit er sich ordentlich festfährt. Also fahr ich zwei Stunden auf staubigem Schotter, nur ab und zu unterbrochen durch schlammigen Schotter. Straßenbauarbeiten sind nirgends zu sehen.
Von Shkoder bis Durres ist die Straße dann akzeptabel bis sehr gut.
Durres ist für die 40 km entfernte Hauptstadt Tirane der Hafen und der Ferienort. Man muss sich das wie eine Kreuzung aus Ballermann und Antalya vorstellen, nur um einiges staubiger, unfertiger und wilder am wachsen.
Ich nehm mir ein Zimmer in einem der tausend Sommerhotels hier, direkt am Strand. Ein kurzes Bad im Meer genehmige ich mir auch, nur ist das Wasser die ersten 100 Meter vom Strand entfernt nur 30 cm flach. Weiter raus bin ich nicht gelaufen.
23.05.2011 19:46:21 Sarande 39.87377,20.00751, 270 km, Total: 2717 km.
Wenn man auf der Fahrt nach Süden erst mal die staubigen Städte Kavaje, Lushnje, Fier und Vlore hinter sich gelassen hat, wird die Fahrt sehenswert. Die Steilküste ähnelt der griechischen, die Dörfer sind allerdings mit wenigen Ausnahmen gesichtslos, und offensichtlich von vielen ihrer Bewohner verlassen. Dafür beginnt auch hier das zu wuchern, was im ganzen Mittelmeerraum immer mehr die Küsten zukleistert: Ferienhäuser.
Von Orikum nach Dhermi verläuft eine schöne Passstraße, an deren Ende bei Dhermi dieser sagenhafte Abstieg von etwa 1000 Höhenmetern auf Meereshöhe über eine Strecke von weniger als 8 Kilometern erfolgt. Jeder der schon mal mit der Autofähre von Italien nach Griechenland gefahren ist, hat wenige Stunden vor der Ankunft in Igoumenitsa diese auffälligen 6 Kehren am Albanischen Steilufer gesehen. Sogar auf dem Satellitenbild sind sie unübersehbar. Ich hab sie jedenfalls im Vorbeifahren von der Fähre aus ein oder zwei Dutzend mal gesehen und wollte da immer schon mal rauf oder runterfahren. Heut ist der Tag.
Saranda ist noch mal ein wuchernder Ferienort, hunderte Hotels, viele unfertige Baugerippe, vielleicht auch Bauruinen? Aber der Boom geht offensichtlich weiter. Ich finde ein ansehnliches, aber billiges Hotel, bin der einzige Gast dort.
24.05.2011 12:18:32 Sagiada, Griechenland 39.62537,20.18095, 250 km, Total: 2967 km.
Ich bin in Griechenland. Welch eine Wohltat fürs Auge. Dörfer ohne sinnlosen Hotelbau-Wildwuchs, saubere Straßen, Tavernen, vor denen noch ein paar Fischerboote im Wasser schaukeln. Ich setz mich gleich nach der Grenze im ersten Dorf ins Hafencafe, geb mir einen griechischen Salat und einen griechischen Kaffee und meditiere eine Stunde im Schatten der Platane.
24.05.2011 18:10:25 Lefkada 38.83441,20.70958, 210 km, Total: 3177 km.
Ich fahre durch Igoumenitsa und dann weiter nach Süden zur Insel Lefkada. Das heißt, Insel ist nicht ganz korrekt, denn diese Insel ist nur durch einen wenige hundert Meter breiten Korridor flachen Wassers vom Festland getrennt und zudem über einen Straßendamm und eine kleine Brücke erreichbar.
Hier sind die Tavernen so zahlreich wie die Kneipen in Düsseldorf, an den Straßen und Plätzen sind Sitzplätze für einige tausend Gäste. Jetzt, vor der Saison, sind hier nur wenige ausländische Touristen, dafür jede Menge coole Kids aus der Umgebung. Hier werd ich mich für zwei Nächte niederlassen, dann sehen wir weiter.
25.5.2011
Endlich einmal auschlafen. Ich mach mich reichlich spät gegen Mittag auf die obligatorische Inselrundfahrt. Nur 35 km lang und 15 km breit ist die Insel, aber es gibt jede Menge kleine und kleinste Straßen zu den Dörfern, den Häfen, den abgelegenen Stränden. Nach einem Bad im Meer klingt der Tag wieder in der Taverne vorm Haus geruhsam aus.
26.05.2011 14:00:00 Ioannina 39.67165,20.86029, 132 km, Total: 3309 km.
Heute am späten Abend geht die Fähre nach Italien, also hab ich Zeit, noch eine Rundfahrt durch die Berge zu machen. Ich mache Mittag in Ioannina. Die Altstadt liegt inmitten einer mächtigen Festungsmauer auf einer Halbinsel am Westufer des Ioannina-Sees.
Aus osmanischer Zeit sind dort noch einige Gebäude erhalten, zum Beispiel zwei Moscheen.
27.05.2011 19:30:00 Pizzo 38.73572,16.16435, 500 km, Total: 3809 km.
In meinem Nachbardorf gibts einen Pizzabäcker, und der hat mir gesagt, Mensch, wenn du durch Kalabrien fährst, musst du meine Heimatdorf Accettura besuchen. Also fahr ich nach Accettura.
Die süditalienischen Dörfer sind meist auf die Spitze eines Berges gebaut, und dieses Dorf ist keine Ausnahme. Unsere Dörfer daheim sind immer im Tal, nahe am Fluss. Warum? Heute wurde mir die Antwort eines einheimischen Bauern zugetragen. Er sagte: Wir wohnen oben und bestellen die Felder im Tal weil die Erde dort nicht so steinig ist und alles besser wächst. Wir brauchen die fruchtbaren Flächen alle, deshalb leben wir hier.
Danach habe ich meine liebe Mühe, aus den Bergen wieder raus zu finden, meine Landkarte ist zu ungenau für all die winzigen Landsträßchen hier. Schließlich erreiche ich die Autobahn und fahre die restlichen 350 Kilometer bis kurz vor Reggio. Ich strande in einem Städtchen namens Pizzo und gönn mir eine Pizza auf dem pittoresken Marktplatz.
28.05.2011 16:44:02 Lettojanni, Sizilien 37.87993,15.30683, 167 km, Total: 3976 km.
Schon Goethe schwärmte von Taormina, etwas südlich von Messina gelegen. Also muss ich da auch hin. Das Problem ist, dass Taormina für Sizilien sowas ist wie Rotenburg ob der Tauber für Deutschland. Jeder amerikanische, jeder japanische Tourist muss da hin, von den Neckermännern ganz zu schweigen. Entsprechend sind die Preise. Vom Preis einer Übernachtung und einer Pizza kann ich mir zuhause einen neuen Fernseher kaufen.
Ich quartiere mich in Lettojanni, einem weniger mondänen, aber dennoch gemütlichen Stranddorf nördlich von Taormina ein. Heut möcht ich erst mal nicht mehr fahren, und stattdessen ein Bad im Meer nehmen, Pläne machen und die Füße hochlegen.
Schließlich geht es von hier nicht weiter nach Süden, zumindest nicht sehr weit. Ich denke, von jetzt an lass ichs ruhig angehen.
29.05.2011 12:00:00 Taormina 37.85216,15.28840, 10 km, Total: 3986 km.
In Taormina gibt es ein Amphiteater aus griechischer Zeit, welches zudem noch einen spektakulären Blick auf den Ätna im Hintergrund bietet. Aber als ich dort ankomme, liegt der Ätna hinter Wolken versteckt. Und an der Kasse hängt ein Schild "Theater nur teilweise sichtbar" - vielleicht wird da gerade gewaltig restauriert. Da sind mir dann doch die 10 Euro Eintritt zu viel.
Wen es interessiert, wie das unter optimalen Bedingungen aussieht, muss bei Google nachschlagen und taormina teatro greco suchen.
Vielleicht krieg ich morgen, wenn ich ganz früh dort aufkreuze, einen besseren Blick.
Also lauf ich in Taormina die Hauptstraße rauf, runter, und dann noch mal rauf und runter. Autos sind hier keine erlaubt, das ist gut so, aber hier sind so viele Leute, die treten sich echt auf die Füße. Vielleicht sollte man hier überhaupt nicht gerade am Sonntag hergehen.
30.05.2011 13:07:40 Ätna 37.69933,15.00182, 235 km, Total: 4221 km.
Ganz früh am Morgen bei der Abfahrt ist tatsächlich etwas vom Ätna im Hintergrund zu erahnen. Da muss ich heute hin.
Im Osten des Ätna liegt die größte Stadt Siziliens, Catania. Da muss ich dran vorbei, und das zieht sich, so wie in der Nachbarschaft jeder Großstadt. Aber dann komme ich doch in die abgelegenen und zünftigen Bergdörfer an der Ostflanke des Vulkans.
Nach gut drei Stunden Fahrt hab ich 70 Kilometer hinter mich gebracht und erreiche an der Südflanke auf 2000 Höhenmeter den höchsten Punkt der Straße. Näher zum Hauptkrater, der auf 3300 Meter liegt, kommt man nur zu Fuß oder per Seilbahn. Es ist saukalt hier und wolkenverhangen. Zwischen den Wolken sehe ich zwar Lavafelder, Asche-Halden und irgendwelche Nebenkrater, aber der Gipfel liegt wohl unter Wolken. Um diese Jahreszeit liegt da oben noch noch reichlich Schnee, aber ich seh keinen Schnee.
31.05.2011 19:02:26 Lido di Noto 36.85902,15.11762, 235 km, Total: 4456 km.
Auf dem Weg nach Süden komme ich nach Siracusa. Dort gibt es einen barocken Dom, der um einen griechischen Tempel herum gebaut wurde. Außen und innen kann man an vielen Stellen noch die originalen riesig mächtigen Dorischen Säulen sehen, die in das Kirchenschiff integriert wurden.
Ich fahre weiter bis Portopalo, das ist der südlichste Zipfel von Sizilien, und schon etwas weiter südlich als Tunis. Näher an Afrika geht in Italien fast nicht, außer man setzt über nach Lampedusa.
Und ich muss feststellen, ich bin gestrandet am Ende der Welt. Hier ist nichts los um diese Jahreszeit, aber das Flair eines heimeligen Fischerdorfes von anno Dunnemals finde ich auch nicht. Stattdessen leere Cafes, leere Hotels, leere Strände.
Weil Portopalo gar so geisterstädtisch ist, versuch ichs 20 km nördlich in Lido di Noto, aber das prickelt auch nicht so richtig.
02.06.2011 10:00:00 Agrigent 37.28880,13.58545, 50 km, Total: 4506 km.
Wo stehen die am besten erhaltenen griechischen Tempel? Nicht in Griechenland, sondern in Sizilien. In Agrigent.
Frühmorgens, sobald die Kasse geöffnet ist, bin ich im Tal der Tempel, um mir die Sachen hier ausführlich anzusehen. Leider ist der Himmel trübe, so richtig brillant wollen meine Fotos deshalb heute nicht werden.
Aber die Sache hat auch ihr Gutes. Ich laufe fast vier Stunden durch das ausgedehnte Areal, und die Temperatur ist milde 22 Grad. Für Anfang Juni in Sizilien ist das kalt, aber mir ist das recht. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie es sein mag, wenn man sich diese Sehenswürdigkeiten im Hochsommer bei 40 Grad antut.
3.6.2011
Gestern Abend hat es dann auch noch geregnet. Drum bin ich einen Tag länger hier geblieben, in der Hoffnung auf besseres Fotowetter.
Das Fotowetter ist heute in der Tat besser. Ich kriege einen Satz sonnige Bilder, ein Bad im Meer und ein delikates Abendessen in der Altstadt von Agrigent.
04.06.2011 14:00:00 Caltabellotta 37.57857,13.21772, 105 km, Total: 4611 km.
Ich bin hier vielleicht 5 km vom Meer entfernt, aber fast 1000 Meter hoch.
Wir hatten das ja schon mal, das mit den Dörfern, die hier statt ins Tal auf die Bergspitze gebaut werden. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist dieses Dorf hier, Caltabellotta. Man muss den Blick mal weg vom Dorf ins Tal richten um zu erkennen wie hoch oben dieses Schwalbennest liegt.
04.06.2011 17:00:00 Sciacca 37.50569,13.08047, 42 km, Total: 4653 km.
Die nahegelegene Hafenstadt Sciacca (sprich: Schacka) wird im Reiseführer wegen ihrer verwinkelten, arabisch anmutenden Altstadt direkt am Fischereihafen angepriesen.
Aber bis ich dort ankomme, muß ich mich erst mal ein paar Kilometer durch die staubigen, verstopften Einbahnstraßen der Neustadt kämpfen.
Hier gibts Gassen und Treppenwege, die so schmal sind, dass ich mich an die Häuserwand drücken muss, wenn jemand entgegen kommt. Mit etwas Glück finde ich ein bezahlbares Nachtquartier, so nache am Hafen, dass man den Fischduft bis hierher riecht.
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05.06.2011 17:00:00 Mazara del Vallo 37.65213,12.58741, 110 km, Total: 4763 km.
Nach einer ausgedehnten Rundfahrt durch das Landesinnere komme ich zurück an die Küste nach Mazara del Vallo. Der Ort hat eine hübsche barocke Altstadt, mit heimeligen Piazzas, verwinkelten Gassen, Kirchen, Kathedralen, und einem Palazzo.
Viele Hauswände in der Altstadt sind mit bemalten Kacheln verziert. Da hab ich ein Motiv gefunden, welches überzeugend darstellt, warum der Mann von Welt Gitarre spielen können sollte.
06.06.2011 16:22:05 San Vito Lo Capo 38.17633,12.73517, 94 km, Total: 4857 km.
Am nordöstlichsten Zipfel von Sizilien liegt San Vito Lo Capo, ein ehemaliges Fischerstädtchen, welches sich inzwischen vollständig zum Badeort gewandelt hat. Man hat hier glücklicherweise vermieden, die Skyline mit großen Hotelklötzen zu verschandeln, dafür gibt es hier zahllose kleine Hotels und Privatzimmer.
Die Fahrt hierher alleine ist einen Besuch wert. Es geht durch verschlafene Dörfer, nahe am bizarren, riesigen Küstengebirge mit prähistorischen Höhlen, die von der Straße aus sichtbar sind, entlang an weiten, noch völlig unverbauten Meeresbuchten.
An dem langen Sandstrand im Norden der Stadt stehen die Liegestühle in Reih und Glied, dazu Sonnenschirme mit dem Schriftzug des jeweiligen Hotels. Normalerweise mach ich um sowas immer einen großen Bogen, aber zum Ende einer Reise versacke ich regelmäßig ein oder zwei Nächte in so einer Umgebung. Das hat dann auch was.
07.06.2011 17:26:53 Castellammare 38.02781,12.88250, 190 km, Total: 5047 km.
Ich bleibe zwar noch eine Nacht in San Vito, aber heute Morgen bin ich zu einer Rundfahrt aufgebrochen. Abgesehen von dem spektakulären Berglandschaften gibt es hier im Norden noch so einige attraktive Plätzchen am Meer.
Mein erstes Ziel ist Scopello, ein ehemaliges Hirtendorf an der Steilküste. Hier verdient kein Mensch mehr sein Brot mit normaler Arbeit, alle sind hier Souvenir- oder Eisverkäufer, Kellner, Koch, Wirt, Hotelbetreiber und so weiter. Aber das Dorf ist trotz des Touristenrummels baulich kaum verändert, es gibt keine auffälligen Neubauten im Zentrum, und so ist das ganze eine Freude fürs Auge, die sich in einem ständigen Besucherstrom ummünzt.
Der nächste Halt ist in Castellammare del Golfo, malerisch mit einer verwinkelten Altstadt auf einer Landzunge im Meer gelegen. Trotz des glasklaren Wassers und der prächtigen Sandstrände östlich der Altstadt haben die Neckermänner diesen Ort wohl noch nicht im Programm. Die Feriengäste sind überwiegend Einheimische.
08.06.2011 13:54:15 Palermo 38.12441,13.36016, 220 km, Total: 5267 km.
Die Stadt, über die in der Vergangenheit mehr Mafia-Klischees kolportiert wurden, als über jeden andern Ort der Welt. In meinem Reiseführer steht dagegen geschrieben, das sei alles nicht mehr wahr, Palermo sei nicht gefährlicher oder irgendwie krimineller als jede andere Metropole im Mittelmeer-Raum.
Naja, wir werden sehen. Zumindest der Verkehr ist kriminell, soviel kann ich jetzt schon sagen.
Wenn Rom 1000 Kirchen hat, dann hat Palermo mindestens 500, sag ich mal so. Teils sind sie blendend restauriert, teils in schlechtem Zustand und manche sind verrammelt, weil gar zu baufällig.
Nicht nur baufällige Kirchen gibt es hier. Der Verfall der Stadt sei gestoppt, schreibt mein Reiseführer. Das mag ja sein, trotzdem muss man Ruinen hier nicht lange suchen. Bewohnte Ruinen, wohlgemerkt.
Aber das Prachtstück unter den Kirchen ist die riesige, über 800 Jahre alte Kathedrale Maria Santissima Assunta, auch unter der Bezeichnung Normannendom bekannt. Man sieht ihr ihr Alter nicht unbedingt an, weil sie vor 200 Jahren modernisiert, das heißt, im klassizistischen Stil renoviert, und bei der Gelegenheit, so sagen Kunsthistoriker, ziemlich verschandelt wurde. Innen ist die Kathedrale jetzt käseweiß und sparsam ornamentiert. Damals hielt man halt kahl für cool.
9.6.2011: Den zweiten Tag hier verbringe ich auf dem Capo-Markt. In einem Gewirr von engen, alten Gassen wird alles mögliche verkauft, Obst, Gemüse, Textilien, Schuhe, und Fisch, Fisch, Fisch.
Palermo hat einen unübersehbaren nordafrikanischen Einschlag. Das hat historische Gründe, man merkt das teilweise an den Gebäuden, und ganz aktuelle: Ein unübersehbar großer Bevölkerungsanteil hier kommt aus den Maghreb-Ländern.
Es ist jetzt 18:30 Uhr, ich muss jetzt Schluss machen. In wenigen Stunden geht meine Fähre nach Genua. Ob ich mich in den nächsten zwei Tagen hier melden kann, weiß ich noch nicht. Morgen spätabends werde ich in Genua ankommen.
10.06.2011 20:30:00 Genua 44.41858,8.88931
Nach 20 Stunden Überfahrt bin ich in Genua gelandet. Hier ist es dunkel wolkig, auf der Fähre schien den ganzen Tag die Sonne wie in der Südsee. So richtig warm war es allerdings nicht, ich schätze, es hatte etwa 18 Grad.
11.06.2011 18:54:00 Waldshut-Tiengen und Stuttgart 47.62369,8.21426, 810 km, Total: 6077 km.
Eigentlich wollte ich über den Gotthard-Pass fahren, aber den Plan hab ich wegen des Regens und der Kälte verworfen und dann doch den Tunnel genommen.
Ich erreiche am Abend Walsdhut, direkt an der Schweizer Grenze am Rhein zwischen Schaffhausen und Basel gelegen. Ein hübsches Städtchen mit einer gemütlichen Altstadt und schönem Ausblick auf den Rhein, wenn da nicht das hässliche AKW wäre, was die Schweizer genau gegenüber von Waldshut an ihre Grenze gesetzt haben. Unglaublich viele AKWs in ganz Europa stehen ganz eng an der Grenze zu einem Nachbarland. Warum wohl?
Morgen ist es dann nur ein Katzensprung bis nach Hause. Die Reise ist zuende.
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